Skip to main content

Wanzen

Auf dem Flugplatz Karlsruhe gibt es, wie mehr als zehnjährige Untersuchungen des früheren Museumsdirektors Siegfried Rietschel und Mitarbeitern gezeigt haben (Rietschel & Strauß 2010), mehr als 150 verschiedene Wanzenarten. Die meisten von ihnen leben versteckt am oder sogar im Boden, andere auf Pflanzen. Keine der Arten ist lästig oder gar schädlich, obwohl alle Wanzen mit ihrem spitzen Rüssel Pflanzen oder Beutetiere - meist andere Insekten - anstechen und besaugen. Fast alle Wanzen entwickeln sich im Lauf des Frühjahrs oder Sommers aus Eiern über Larvenstadien, die den erwachsenen Wanzen ähnlich sehen aber noch keine Flügel haben. Nach mehreren Häutungen sind die Larven ausgewachsen und flugfähig. Ihre Lebensdauer beträgt einige Tage bis Wochen und bei einigen, als Larven oder fertige  Wanzen überwinternden Arten, auch mehrere Monate.

Wanzen sind gut zu erkennen: Bei einer Größe von 2 - 20 mm, hat ihr Körper auf der Oberseite hinter dem Brustschild ein dreieckiges Schildchen, das zwischen den Flügelansätzen liegt. Die Deckflügel sind – mit Ausnahm einer rundlichen Membran am Hinterende – stark chitinisiert; die Hinterflügel sind häutig und liegen zusammengefaltet unter den Deckflügeln. Es  gibt natürlich auch einige Arten, deren Körper von diesem Grundschema abweicht, und die dann recht bizarr aussehen. Der Kopf trägt vier- bis fünfgliedrige Fühler und auf der Unterseite den Stechrüssel.

Die Wanzenfauna des Alten Flugplatzes wechselt je nach Biotop und Jahreszeit. Neben recht kurzlebigen Frühjahrs-, Sommer- und Herbst-Arten gibt es Arten, die man fast das ganze Jahr finden kann, wie z. B. die allbekannte, rote-schwarze Feuerwanze Pyrrhocoris apterus. Da es auf dem Flugplatz einerseits einige seltene Pflanzen gibt und andererseits auf seiner Fläche besondere klimatische Verhältnisse herrschen, kommen dort auch Wanzen vor, die sich als Spezialisten nur an einer bestimmten Pflanzenart entwickeln oder, die während ihrer Entwicklungszeit auf höhere Temperaturen und Trockenheit angewiesen sind. Ihnen sagt das Flugplatzklima auf den Sand- und Kiesböden, den Magerrasen und Dünen mit ihrem besonderen Pflanzenwuchs besonders zu. Deshalb findet man auf dem Flugplatz etliche wärmeliebende, im Mittelmeergebiet beheimatete Wanzenarten, die in Deutschland auch in Baden-Württemberg nur ganz vereinzelt vorkommen. Eine dieser Arten, die Weichwanze Acetropis gimmerthalii, konnte sogar in SW-Deutschland bis jetzt nur auf dem Karlsruher Flugplatz nachgewiesen werden. Insgesamt sind von den 150 Wanzenarten des Flugplatzes 25 Arten in unterschiedlichen Gefährdungsgraden auf der „Roten Liste“ gefährdeter Tierarten verzeichnet, sechs von ihnen in der Kategorie „Vom Aussterben bedroht“.

Die Bilder geben einen Eindruck von Formen- und Farbvielfalt der "Flugplatzwanzen" (siehe Fotoalben).

Autor:

Prof. Dr. Siegfried Rietschel
Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe
Erbprinzenstraße 13
76133 Karlsruhe

Alle Wanzenfotos: © G. Strauss, Biberach

Quellen:

Rietschel, S. & Strauss (2010): Die Wanzenfauna des Naturschutzgebietes „Alter Flugplatz Karlsruhe“ (Insecta, Heteroptera, Baden-Württemberg). – Carolinea, 67: xxx–xxx, 1 Abb., 2 Taf., 1 Tab.; Karlsruhe.

Voigt, K. (1997): Acetropis gimmerthalii (Flor, 1860), eine für Baden-Württemberg neue Blindwanze (Heteroptera, Miridae) – Carolinea, 56: 108-110, 2 Abb.; Karlsruhe.